Fachpraxis für systemisches Paarcoaching, Paartherapie, Paarbegleitung
Die meisten Partner haben Geheimnisse voreinander. Dabei ist das Wort „Geheimnis“ oft negativ belastet, wie ein Gift, das langsam in die Venen kriecht und dort irreparable Schäden anrichtet. Aber sind Geheimnisse tatsächlich so schädlich für eine Partnerschaft? Oder sind Geheimnisse vielleicht auch eine Art Kit, die eine Beziehung zusammenhält?
Muss man alles vom anderen wissen?
Als Paarberater kann ich diese Frage mit einem klaren Nein beantworten. Bestünde in der Realität die Möglichkeit, jedes Partikel eines anderen Menschen zu kennen, dann wäre dieser Mensch entzaubert. Eine Partnerschaft benötigt Spannung und Neugierde – und eben Geheimnisse. Auch wenn es jetzt ein „Wir“ gibt, existieren daneben zwei „Ichs“, die für sich stehen und auch Geheimnisse voreinander haben dürfen.
Geheimnisse in der Paarbeziehung: Niemand kann „alles“ vom anderen wissen. Man kann nicht das Leben seines Partners führen und daneben noch sein eigenes. Im Gespräch mit Freunden spricht man gerne Dinge an, die man dem Partner gegenüber nicht erwähnen möchte. Oder würden Sie Ihrem Partner auf dem Kopf zusagen, dass Sie gerne mal Sex mit Ihrem Arbeitskollegen / Ihrer Arbeitskollegin haben würden? Sie selbst und auch Ihr Partner existieren als Individuum. Geheimnisse grenzen uns von anderen ab.
Der Eindruck, keine Geheimnisse voreinander zu haben.
Eine Beziehung kommt also nicht ohne Geheimnisse aus. Dennoch sollte in der Beziehung nicht der Eindruck entstehen, man würde dem anderen etwas verheimlichen. Auch wenn jeder Beziehungspartner sich seine kleinen Geheimnisse bewahrt, sollte der Eindruck entstehen, keine gravierenden Heimlichkeiten voreinander zu haben. Daraus können dann Nähe, Vertrauen und Geborgenheit wachsen. Der Eindruck, keine Geheimnisse zu haben, entsteht aber nur dann, wenn man sich eben nicht alles sagt. Das ist eine Gratwanderung, denn Geheimnisse bergen auch die Gefahr, aufzufliegen.
Geheimnisse wachsen aus der persönlichen Veränderung
Es gibt in jeder Partnerschaft eine unerschöpfliche Quelle an Geheimnissen. Jeder Mensch verändert sich kontinuierlich – persönlich und auch nach außen hin. Dadurch kommt es zu Gefühlen, die dem anderen nicht gleich aufs Tapet geschmiert werden.
Ein Beispiel
Die Frau bekommt einen neuen Arbeitskollegen, der sie scharf anbaggert. Er fährt seine gesamten Flirtkünste auf, um sie zum Essen einzuladen oder sie anderweitig für sich zu begeistern. Die Frau wiederum springt in keiner Form auf diese Versuche an, sondern wehrt sie höflich ab. Jetzt hätte es also keinen Sinn, diese Anmachversuche des Kollegen zu Hause zu offenbaren und damit Unsicherheiten und Eifersucht heraufzubeschwören. Es darf ihr kleines Geheimnis bleiben, das niemandem schadet.
Was muss in einer Partnerschaft unbedingt erzählt werden?
Alle Themen, die beide Partner oder existenziell die Beziehung betreffen, müssen erzählt werden. Dabei geht es sowohl um finanzielle Themen als auch zum Beispiel um gesundheitliche Fragen. Ist einer der Partner in eine Suchterkrankung gerutscht, sollte dieses Thema offen in der Partnerschaft besprochen werden. Auch plötzliche Erwerbslosigkeit oder traumatisierende Erlebnisse dürfen einander nicht verschwiegen werden. Die Faustregel kann hier lauten: Alles, was auch den anderen betrifft, sollte offen kommuniziert werden.
Freiräume und Intimsphäre müssen sein
Sie kennen den Spruch: „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“. Freiräume müssen weiterhin sein, ohne dass sie die Innigkeit und Nähe in der Partnerschaft gefährdet. Lassen Sie den geheimnisvollen Wind, der zwischen den Partnern weht, wohlwollend zu.